- biographische Theorie der Fertilität
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die von dem Bevölkerungswissenschaftler Herwig Birg (*1939) entwickelte Theorie, mit der der seit den 1970er-Jahren in fast allen Industrieländern eingetretene Rückgang der Fertilität (Kinderzahl je Frau) bis unter das Bestandserhaltungsniveau erklärt wird; gilt als Weiterentwicklung der Theorie des demographischen Übergangs, die die Abnahme der Fertilität von 5 oder mehr Kindern in der vorindustriellen Phase der gesellschaftlichen Entwicklung auf rd. 2 Kinder je Frau in der Phase der Industrialisierung bis zur Mitte dieses Jahrhunderts erklärt. Seit den 1970er-Jahren sank die Fertilität aber in fast allen Industrieländern auf ein noch niedrigeres Niveau (in Deutschland rd. 1,4 Kinder pro Frau). Diese Abnahme erklärt die biographische Theorie der Fertilität aus dem Zusammenwirken von ökonomischen, gesellschaftlichen und kulturellen Rahmenbedingungen (Makroebene) und den Eigengesetzlichkeiten der biographischen Entwicklungsverläufe der Individuen (Mikroebene). Die Eigengesetzlichkeiten des biographischen Ablaufprozesses und seiner Teilprozesse (Ausbildungs-, Erwerbs-, Sozialisations-, Migrations- und Psychobiographie) werden auf der Grundlage detaillierter Statistiken über individuelle Lebensläufe analysiert.H. Birg u. a.: Arbeitsmarktdynamik, Familienentwicklung u. generatives Verhalten (1984);Fortpflanzung: Natur u. Kultur im Wechselspiel, hg. v. E. Voland (1992).
Universal-Lexikon. 2012.